Trojaburg
 
 

Ausgrabungen der SS

Heinrich Himmler

Übersicht über die SS-Ausgrabungsstätten

Ausgrabungsstätte Alt-Christburg

SS-Ausgrabung am Kriemhildenstuhl

Himmler bei Ausgrabungen Karl Jordans nahe Wewelsburg

Archäologische Ausgrabungen zählen nicht unbedingt zu den Betätigungsfeldern, die man sofort mit der SS in Verbindung bringen würde, haben doch bislang hauptsächlich deren Funktionen als „Leibwache“ Hitlers, als Wachmannschaften der Konzentrationslager oder als berüchtigte Waffen-SS Truppe die Sichtweisen dominiert.
Dennoch gab es auch innerhalb der SS Einrichtungen, die zur archäologischen Forschung und Publikation von Forschungsergebnissen gebildet wurden und durchaus Erfolge verbuchen konnten.
Zu diesen zählt insbesondere das Amt Ahnenerbe, welches in Person ihres eigentlichen Gründers Herman Wirth bereits seit frühester Zeit archäologische Forschungen durchführte.
Auch Wilhelm Teudt, der als Vater der modernen Externsteinforschung bezeichnet werden könnte, zählte mit seiner Vereinigung der „Freunde germanischer Vorgeschichte“ zu den Taufpaten der archäologischen Forschung innerhalb der SS.
Zu Beginn stand die archäologische Forschung innerhalb der SS unter Leitung des persönlichen Stabes RF-SS Himmler. Mit Professor Dr. Alexander Langsdorff und Dr. Hans Schleif konnte Himmler dabei auf zwei anerkannte Fachleute als persönliche Referenten zurückgreifen. Langsdorff hatte 1927 in klassischer Archäologie promoviert und war danach Kustos am Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin, bevor er zu Himmlers SS stieß und Artikel für die SS-Zeitung das „Schwarze Korps“ verfaßte. Schlef dagegen war zwar ursprünglich Ingenieur, beschäftigte sich aber, über das interesse an der Bauforschung der Antike angeregt, bereits seit einigen Jahren mit der europäischen Frühgeschichte.1
Beide verband die Sorge vor dem Druck, den Rosenberg seit seiner Ernennung zum „Beauftragten für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“, aus der er auch den „Auftrag zur Reglementierung der deutschen Vorgeschichtsdisziplin ableitete“, über seinen neu geschaffenen „Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte“ auf die deutsche Frühgeschichts- und Archäologenzunft ausübte.²
Dieser Reichsbund, der sich in der Tradition des eigentlichen Begründers der deutsch-germanischen Frühgeschichtsforschung Gustaf Kossinnas sah, suchte unter Leitung des Kossinna-Schülers Dr. Hans Reinerth sämtliche deutsche Prähistoriker in einem „Reichsinstitut für Vor- und Frühgeschcihte“ unter seiner Ägidie zusammen zu fassen und zugleich den Einfluß der als „Römlinge“ bekämpften Anhänger der Forschungsrichtung Carl Schuchhardts einzudämmen. Hintergrund der Differenzen war die - aus Sicht Kossinnas - zu einseitige Betonung der antiken Hochkulturen unter völliger Ignoranz der bronzezeitlichen Nordeuropäischen Kultur.   Hier war es insbesondere der Präsident der Römisch-Germanischen Kommission Frankfurt, Staatsrat Theodor Wiegand, der als Anhänger der „klassischen Deutschen Vorgeschichte - die in Abgrenzung zu Kossinnas „ostdeutscher Richtung“ als „westdeutsche Richtung“ bezeichnet wurde - den Plänen zur Gleichschaltung entgegentrat und durch seinen Einfluß auf den zuständigen preußischen Kultusminister Rust zu verhindern wußte. Zugleich trat Wiegand Himmlers SS bei, wodurch er einen natürlichen Schutz vor dem Einfluß Rosenbergs suchte und auch fand - stand dieser doch in einem ständigen Konkurrenzkampf mit Rosenberg und dessen Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte.  
Erste Ausgrabungsorte der SS-Gruppe befanden sich an der Erdenburg bei Bensberg/ Köln, wo ein Ringwall aus der Zeit der Römerkriege freigelegt wurde, an einem germanischen Dorf auf dem Bärhorst bei Nauen,an der spätgermanischen Burg bei Alt-Christburg sowie im Lontal bei Urspring, wo Hinterlassenschaften der Altsteinzeit ergraben wurden.
1936 folgten als Ausgrabungsorte Lichtenburg / Sachsen sowie - weniger als Grabungsort denn als Interessengebiet der SS - die Externsteine, an deren 1934 durch Dr. Julius Andrée erfolgten Ergrabung bereits SS-Grabungshelfer und- Archäologen zum Einsatz gekommen waren.
Zu dieser Zeit - 1935/36 - bestand noch eine Zusammenarbeit zwischen SS-Ausgräbern und dem Reichsarbeitsdienst Rosenbergs, die oftmals als Grabungshelfer zum Einsatz kamen. Mit der Erschließung weiterer archäologischer Betätigungsfelder am Glauberg und am Brunholdisstuhl vermochte Heinrich Himmler weiteren Boden gegenüber Rosenberg gut zu machen und gliederte schließlich, dank eines wohlwollend passiven Hitlers, dem die Einbindung der westdeutschen Richtung mit ihrer Betonung der Kulturgröße des klassischen Roms und Griechenlands entgegen kam,³ die SS-Grabungen in das 1935 ofiziell begründete Amt Ahnenerbe ein.
Hintergund der Einbindung dieser erfolgreichen SS-Grabungstätigkeit war die  Bemühung Himmlers, zum einen die effizientere Nutzbarmachung archäologischer Erkenntnisse für die nationalsozialistische Weltanschauung und zugleich die stetige Erhöhung der wissenschaftlichen Reputation des Amtes Ahnenerbe, das als Aushängeschild der wissenschaftlichen Forschung innerhalb der SS fungierte.
Mit der Zeitschrift „Germanien“, die bereits seit 1935 ofizielles Publikationsorgan des Ahnenerbes und der  mittlerweile dem Reichsbund angehörigen „Vereinigung der Freunde germanischer Vorgeschichte“ war, verfügte man zudem über ein auflagenstarkes Blatt, das trotz weiterer Themenfelder des Ahnenerbes seine Ausrichtung auf archäologische und frühgeschichtliche Themen beibehielt.
Seit 1938 - dem Jahr der Anweisung , sämtliche Grabungen der SS fortan im Ahnenerbe weiterzuentwickeln und zugleich dem Zeitpunkt der Ablösung des bisherigen Leiters der SS-Ausgrabungen Dr. R. Höhne durch Dr. H. Schleif, zählte mit der Gründung des Instituts für germanische Archäologie die Ausgrabung von bedeutenden historischen Stätten deutscher Geschichte neben der Erforschung der Welteislehre unter Dr. Scultetus zu den wichtigsten Forschungsfeldern des Ahnenerbes. Diese Ausgrabungen von Hinterlassenschaften aus der Früh- und Vorgeschichte Europas sollten dabei vor allem die Rolle der „Nordischen Rasse“ für die Frühzeit Europas beleuchten und hervorheben, zugleich aber auch vergessenes Brauchtum und Wissen der vorchristlichen Zeit betonen, was zugleich als Kritik an der Kirche dienen sollte, die ja die Hauptverantwortung für die Auslöschung dieses alten Wissens trug.
Insbesondere die Haithabu-Forschung des renommierten Prähistorikers Herbert Jankuhn, der 1937 in das SS-Ahnenerbe eintrat, sowie die gewissenhafte, wenn auch heute oft angefochtene - Arbeit Schleifs am Kriemhildenstuhl  vermochten tatsächlich einen Prestigegewinn auch über die Grenzen des Landes hinaus zu verzeichnen.
Dagegen stießen die noch heute umstrittenen Arbeiten an einer heidnisch-germanischen Gedenkstätte in Verden an der Aller bereits damals auf vorsichtige Kritik. Der in Erinnerung an 4500 durch christliche Fanken getötete Sachsen errichtete Sachsenhain ließ zum einen - entgegen den Plänen Hitlers auf einen vorläufigen Burgfrieden mit den christlichen Stellen - die antichristliche Position der SS offenbar werden, und vermochte überdies nicht die selbst gestellten Ansprüche auf eine möglichst objektive Forschung aufrecht erhalten; vielmehr wird die Sachsenhain-Tätigkeit des Ahnenerbes die einherging mit der Schaffung einer weltanschaulichen Kultstätte, noch heute als das Paradebeispiel der Verquickung weltanschaulicher und wissenschaftlicher Tätigkeit im NS-Staat verwendet - obgleich die Forschungs- und Grabungsergebnisse für sich allein betrachtet durchaus einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten.
Mit Ausweitung des nationalsozialistischen Herrschaftsbereiches seit 1938 gesellten sich mehr und mehr auswärtige Grabungsstätten hinzu, die den bereits seit 1937 eingeläuteten Prozeß der Dezentralisierung des Ahnenerbes forcierten.
Seit 1939 hatte Himmler mit der neugeschaffenen Slowakei ein exclusives Grabungsrecht für die SS ausgehandelt, das den Prähistoriker Prof. Dr. Lothar Zotz in seiner Funktion als Dozent an der Deutschen Karls-Universität in Prag im  Auftrag des Ahnenerbes in die Lage versetzte, archäologische Ausgrabungen im Bezirk Pystian durchzuführen, die der Erforschung germanischer Fürstengräber galten. Daneben befaßte er sich auch mit der Ergrabung von Aurignacien-Siedlungsplätzen von Mammutjägern in Straze.
Auch in der seit 1939 (wieder) dem Reich zugehörigen Provinz Posen wurden Gabungen durchgeführt: Hier war es Schleif, der eine 1934 von den Polen begonnene Grabung fortführte, die das frühgeschichtliche Verhältnis zwischen Germanen und Slawen aufdecken sollte, woraus auch Rückschlüsse auf für Kriegszwecke wichtige historische Ansprüche gezogen werden konnten.
Ab 1940 wirkte Schleif dann auch an Ausgrabungen im griechischen Olympia mit,bevor er in seiner Funktion als Leiter der Abteilung Grabungen innerhalb des Ahnenerbes durch Jankuhn abeglöst wurde,ohne jedoch seine Arbeit für die SS dadurch zu beeenden.
Daneben wurde das Ahnenerbe seit 1942 in Kroatien und Serbien archäologisch tätig. Hier waren es Kurt Willvonseder und Wilhelm Unverzagt, die für das Ahnenerbe forschten.
Mit der sich verschlechternden Kriegslage wurden die Ausgrabungstätigkeiten der SS vollständig eingestellt, Einsatzfelder ergaben sich fortan nur noch vereinzelt in der denkmalpflegerischen Sicherung von durch Errichtung von Verteidgungsstellungen bedrohten frühgeschichtlichen Stätten, die Himmler, wie es Michael Kater nannte, in der paradoxen rolle als Feldherr und Denkmalschützer zugleich sahen.     
Trotz der genannten Kritik stellt die Ausgrabungstätigkeit der SS ein Forschungsfeld dar, das eine nähere objektive Betrachtung verdient, die über bloße Polemiken bislang erschienender „wissenschaftlicher“ Arbeiten hinaus reichen sollte.4
Die folgenden,in der Zeitschrift „Germanien“ abgedruckten Berichte über die Ausgrabungstätigkeit der SS im Deutschen Reich bis 1938 spiegeln dabei einen zwar subjektiv gefärbten, aber dennoch höchst wertvollen Eindruck über die Arbeit und Selbsteinschätzung der beteiligten Forscher wider.   

Anmerkungen:
1) vgl. Kater, S. 20 f.
2) vgl. Kater; danach ging der Reichsbund auf die bereits 1932 geschaffene „Reichsfachgruppe für deutsche Vorgeschichte“ zurück, S. 23
3) vgl. dazu Hitlers Ausspruch über die Kulturgröße der antiken Hochkulturen gegenüber den Germanen nach Heim, „Tischgespräche“
4) so Uta Halle: Die Externsteine sind bis auf weiteres Germanisch. Bielefeld 2003

 

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